Jugendliche erleben und erforschen jüdische Geschichte und Geschichten - Einleitung:

spuren-juedischen-lebens-bg.jpgDie Stadt Bitterfeld-Wolfen erhielt im Januar 2013 den Titel „Stadt mit Courage“. In diesem Zusammenhang waren Schüler*innen des Heinrich-Heine-Gymnasiums Wolfen in Begleitung von Sozialpädagog*nnen der Regionalkoordination „Schule mit Courage“ in Berlin zu einer Stadtführung mit dem Schwerpunkt: „Spuren jüdischen Lebens in Berlin“.

Die Schüler*innen stellten fest, dass sie über das jüdische Leben in Bitterfeld-Wolfen nichts wussten und sich nur schwer darüber informieren konnten. Daraus entstand der Wunsch, dies in der Stadt zu verändern. In einer Projektentwicklungsphase wurden die folgenden Ziele formuliert. Gleichzeitig wurden am 03. April 2013 erstmals vier Stolpersteine verlegt und so entstand ein Kontakt mit den Nachfahren der jüdischen Familie Nussbaum, der im Umsetzungsprozess ausgebaut und intensiviert werden soll.

Projektziel:

Bitterfeld-Wolfen ist eine Industriestadt, die seit 2013 den Titel „Stadt mit Courage“ trägt. Die Geschichte der jüdischen Familien:
  • die die chemische Industriekultur aber auch die Baukultur und Wissenschaft seit Anfang des 19. Jahrhunderts mit entwickelt haben,
  • die im Nationalsozialismus in den Betrieben als Zwangsarbeiter ausgebeutet wurden und
  • die den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg begleitet haben sowie
  • in der ehemaligen DDR in Bitterfeld-Wolfen lebten
ist kaum bekannt. Gemeinsam mit interessierten Jugendlichen wird die lokale jüdische Geschichte und Geschichten erlebt und erforscht. Eine jugend- und zeitgemäße Aufarbeitung der Rechercheergebnisse erfolgt in enger Abstimmung mit dem Kreismuseum.

Umsetzungsprozess:

Zunächst gilt es, Schüler*innen aus unterschiedlichen weiterführenden Schulen in den Stadtteilen Bitterfeld und Wolfen zu motivieren, sich als Team mit jeweils einem Erinnerungsort jüdischen Lebens in „ihrem Kiez“ zu beschäftigen.

Um die notwendigen Informationen zur Verfügung zu stellen, haben die kulturbewahrenden Einrichtungen wie das Kreismuseum Bitterfeld, das Stadtarchiv Bitterfeld-Wolfen und das Industrie- und Filmmuseum Wolfen ihre Unterstützung zugesichert.

Die konkrete Quellenarbeit verläuft wie folgt:

Die Recherchearbeit durch die Jugendlichen orientiert sich an dem Ansatz: „So selbstständig wie möglich, soviel Hilfe wie nötig“. Die Arbeit soll also nicht durch „Erwachsene“ vorbereitet und portioniert werden, aber die fachlichen und (sozial)pädagogischen Ansprechpartner sollen für Fragen und Hilfestellungen zur Seite stehen.

Dadurch lernen die Schüler*innen nicht nur selbständige politisch-historische Recherche, sondern entwickeln auch Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. In der Teamarbeit werden darüber hinaus soziale Kompetenzen weiterentwickelt und demokratische Prinzipien gelebt.

Durch die kontinuierliche Kleingruppenarbeit über mehrere Monate an einzelnen Erinnerungsorten erfahren die Schüler*innen die Vermittlung von Geschichte nicht abstrakt, sondern sehr konkret. Die Verknüpfung mit individuellen Einzelschicksalen ermöglicht eine Herausbildung empathischer Kompetenzen und kann nicht nur, aber auch der Prävention von Antisemitismus zuträglich sein.

Die erarbeitete Ergebnisse werden in einer jugend- und zeitgemäßen Form aufgearbeitet, die einerseits in die musemspädagogische Arbeit und den Geschichtsunterricht integriert werden können, aber auch im Stadtteil sichtbar gemacht werden kann.

Analog der Idee der Stolpersteine sollen Ideen entwickelt werden wie z.B. bei Stadtteilspaziergänge jüdischen Leben in Bitterfeld-Wolfen illustriert werden kann. Inwiefern diese mit modernen Medien Zugang zu weiteren Informationen ermöglichen, orientiert sich, ebenso wie die Recherchearbeit, an den Kompetenzen der beteiligten Jugendlichen.

Darüber hinaus wird gemeinsam mit den Lehrern, Museumsmitarbeitern und Mitarbeitenden außerschulischer Bildungseinrichtungen ein begleitendes Netzwerk entwickelt, dass die Projektumsetzung aktiv unterstützt und bedarfsorientierte Weiterbildungen entwickelt und umsetzt.